Darlehenswiderruf – und seine Verwirkung

Bei beendeten Verbraucherdarlehensverträgen kann das Vertrauen des Darlehensgebers auf ein Unterbleiben des Widerrufs schutzwürdig sein.

Dies gilt auch dann, wenn die von ihm erteilte Widerrufsbelehrung ursprünglich den gesetzlichen Vorschriften nicht entsprach und er es in der Folgezeit versäumt hat, den Verbraucher nachzubelehren, und dies in besonderem Maße gilt, wenn die Beendigung des Darlehensvertrags auf einen Wunsch des Verbrauchers zurückgeht1, ohne dass die vor der Widerrufserklärung erfolgte Beendigung eines Darlehensvertrags eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen des Umstandsmoments begründet2.

Der Zeitraum zwischen der Beendigung des Verbraucherdarlehensvertrags und dem Widerruf im hier entschiedenen Fall annähernd fünf Jahre betrifft zwar nicht das Zeitmoment der Verwirkung, kann aber wenn auch nicht im Sinne einer Vermutung nach Ablauf einer wie immer definierten Mindestzeitspanne gerade im Hinblick auf die Rechtsfolgen des Widerrufs bei der Prüfung des Umstandsmoments Berücksichtigung finden3.

Überdies ist entgegen der Rechtsmeinung des Oberlandesgerichts Düsseldorf4 die Tatsache, dass der Darlehensgeber Sicherheiten freigegeben hat, ein Aspekt, den der Tatrichter bei der Prüfung des Umstandsmoments berücksichtigen kann, auch wenn der Darlehensgeber nach Beendigung des Darlehensvertrags und vollständiger Erfüllung der aus dem unwiderrufenen Darlehensvertrag resultierenden Pflichten des Darlehensnehmers die Sicherheiten ohnehin freizugeben hätte. Die Sicherheiten sichern regelmäßig auch Ansprüche aus einem Rückgewährschuldverhältnis nach § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB in der bis zum 12.06.2014 geltenden Fassung in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB. Dem Rückgewähranspruch des Darlehensnehmers aus der Sicherungsabrede haftet die für den Fall des Widerrufs auflösende Rechtsbedingung einer Revalutierung an. Beendet der Darlehensgeber trotz der Möglichkeit der Revalutierung durch Rückgewähr der Sicherheit den Sicherungsvertrag, kann darin die Ausübung beachtlichen Vertrauens im Sinne des § 242 BGB liegen5.

Auch kann der weitere Einsatz der vom Darlehensnehmer erlangten Mittel nach vollständiger Beendigung des Darlehensvertrags durchaus geeignet sein, ein schutzwürdiges Vertrauen des Darlehensgebers auf das Ausbleiben des Widerrufs zu begründen6. Dies gilt auch, wenn der Darlehensgeber nicht selbst mit den Zahlungen des Darlehensnehmers wirtschaftet, sondern diese valutagleich an eine andere Bank, über die er das Darlehen refinanziert und von der er die Mittel für das Darlehen erhalten hat, weitergeleitet hat.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 18. Februar 2020 – XI ZR 25/19

  1. BGH, Urteile vom 12.07.2016 – XI ZR 501/15, BGHZ 211, 105 Rn. 41; vom 21.02.2017 – XI ZR 381/16, WM 2017, 806 Rn. 22; vom 12.03.2019 – XI ZR 9/17, WM 2019, 917 Rn. 11; und vom 17.09.2019 – XI ZR 677/17 25 mwN; BGH, Beschluss vom 23.01.2018 – XI ZR 298/17, WM 2018, 614 Rn. 16[]
  2. BGH, Urteile vom 03.07.2018 – XI ZR 702/16, WM 2018, 1601 Rn. 9; und vom 11.09.2018 – XI ZR 64/17 14[]
  3. BGH, Beschlüsse vom 23.01.2018 – XI ZR 298/17, WM 2018, 614 Rn. 14; und vom 25.09.2018 – XI ZR 462/17, BKR 2019, 139 Rn. 11; BGH, Urteile vom 02.04.2019 – XI ZR 687/17 16; vom 17.09.2019 – XI ZR 677/17 24; und vom 22.10.2019 – XI ZR 203/18, WM 2020, 84 Rn. 15[]
  4. OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.12.2018 I17 U 60/18[]
  5. BGH, Urteile vom 11.09.2018 – XI ZR 125/17, WM 2018, 2128 Rn. 34; vom 16.10.2018 – XI ZR 45/18, WM 2018, 2274 Rn. 17; und vom 24.09.2019 – XI ZR 322/18, WM 2020, 80 Rn. 23 mwN; BGH, Beschlüsse vom 23.01.2018 – XI ZR 298/17, WM 2018, 614 Rn.20; und vom 07.03.2018 – XI ZR 298/17[]
  6. BGH, Urteile vom 16.10.2018 – XI ZR 45/18, WM 2018, 2274 Rn. 16; vom 02.04.2019 – XI ZR 687/1719; und vom 22.10.2019 – XI ZR 203/18, WM 2020, 84 Rn. 16; BGH, Beschluss vom 05.06.2018 – XI ZR 577/16 4[]