Bei vorzeitiger Beendigung eines Mietkaufoder Leasingvertrags ist der Kündigungsschaden des Mietverkäufers/Leasinggebers konkret zu berechnen, wenn sich eine von ihm verwendete Formularbestimmung über die Abzinsung der Mietkaufbeziehungsweise Leasingraten als unwirksam erweist1.
Bei der Darlegung des konkret entstandenen Schadens obliegt es dem Mietverkäufer/Leasinggeber, seine Refinanzierungskosten anzugeben, deren Ersparnis im Rahmen des ihm zustehenden Schadensersatzes anspruchsmindernd zu berücksichtigen ist2.
Nimmt der Mietverkäufer/Leasinggeber etwa aufgrund der großen Anzahl der abgeschlossenen Verträge keine Einzelrefinanzierung vor, genügt zur Darlegung seines (konkreten) Refinanzierungsaufwands eine kalkulatorische Ermittlung.
Die vorzunehmende Abzinsung der zur Zeit der Kündigung noch ausstehenden Raten soll den durch den vorzeitigen Rückfluss des Kapitals entstehenden Vorteil ausgleichen, weil der Mietverkäufer ebenso wie der Leasinggeber zwar keinen ungerechtfertigten Nachteil erleiden, aber gegenüber der Vertragsdurchführung ohne Kündigung auch nicht besser gestellt werden soll. Daraus folgt, dass grundsätzlich der Abzinsungssatz demjenigen Zinssatz entsprechen muss, den der Leasinggeber/Mietverkäufer im Rahmen seiner Refinanzierung bei Abschluss des Leasingbeziehungsweise Mietkaufvertrags zu zahlen verpflichtet war3. Der nach dieser Maßgabe gebotenen Berechnung der Abzinsung hat sich das Oberlandesgericht Stuttgart rechtsfehlerhaft verschlossen, weil es den unter Beweis gestellten Sachvortrag der Leasinggeberin zu ihrem tatsächlichen aufgewandten Refinanzierungszinssatz zu Unrecht als unzureichend angesehen hat.
Zur schlüssigen Darlegung des maßgeblichen Refinanzierungssatzes eines Leasinggebers/Mietverkäufers ist Tatsachenvortrag zu einer Einzelrefinanzierung nicht geboten, wenn der Leasinggeber/Mietverkäufer etwa aufgrund der großen Anzahl der abgeschlossenen Verträge ein Einzelgeschäft nicht individuell refinanziert. Unter diesen Umständen genügt grundsätzlich ein kalkulatorisch ermittelter Refinanzierungszinssatz dem Erfordernis, den Kündigungsschaden konkret zu berechnen.
Dem hat die Leasinggeberin im hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall Rechnung getragen. Denn sie hat vorgetragen, dass sie eine auf ein bestimmtes Einzelgeschäft bezogene Refinanzierung überhaupt nicht vornehme, weil Einzelgeschäfte nach ihrer Größenordnung für eine individuelle Refinanzierung zu klein seien. Auch stünden ihr als Bank zahlreiche Refinanzierungsmöglichkeiten zur Verfügung, die einem Einzelgeschäft nicht zugeordnet werden könnten. Deshalb könne nur ein kalkulatorischer Refinanzierungszinssatz ermittelt werden. Dies hat das Oberlandesgericht Stuttgart im Ausgangspunkt nicht verkannt, denn es hat rechtsfehlerfrei gebilligt, dass die Leasinggeberin sich nicht einzelgeschäftsbezogen refinanziert.
Das Oberlandesgericht Stuttgart hat in der Vorinstanz jedoch rechtsfehlerhaft beanstandet, die Leasinggeberin habe nicht hinreichend vorgetragen, wie sich ihre Refinanzierung konkret zusammensetze und welche Zinssätze sie im Rahmen ihrer Refinanzierungsmöglichkeiten aufwende4. Das Oberlandesgericht Stuttgart hat das Vorbringen zu dem geltend gemachten Schadensersatzanspruch zu Unrecht als unschlüssig erachtet, weil es aus dem Blick verloren hat, dass die Leasinggeberin im Einzelnen erläutert hat, wie sie den kalkulatorischen Refinanzierungssatz ermittelt hat.
Die Leasinggeberin hat vorgetragen, Grundlage ihrer Refinanzierung seien die bei Reuters gemeldeten Marktzinssätze unter Banken für standardisierte Laufzeiten5 zuzüglich eines Aufschlages, den die Refinanzierungspartner der Leasinggeberin auf den Marktzins aufschlügen. Diese Beträge hat sie in eine Tabelle für den jeweiligen Zeitpunkt und die jeweilige Laufzeit eingetragen. Daraus hat die Leasinggeberin für das hier maßgebliche Geschäft unter Beachtung von dessen Laufzeit und Tilgungsrhythmus durch Gewichtung der in der Tabelle bezeichneten Zinssätze sowie Berücksichtigung des jeweils von den Refinanzierungspartnern erhobenen Aufschlags den kalkulatorischen Refinanzierungszinssatz von 4, 18 % ermittelt, den sie ihrer Barwertabrechnung zugrunde gelegt hat.
In Ansehung dessen erweist sich die Sichtweise des Berufungsgerichts als unzutreffend, der vorbezeichnete Sachvortrag der Leasinggeberin gestatte eine hinreichend konkrete Bestimmung ihrer Refinanzierungskosten im Rahmen der gebotenen Schadensberechnung nicht. Anders als das Oberlandesgericht Stuttgart offenbar gemeint hat, hat sich die Leasinggeberin damit nicht was unzulässig wäre6 auf einen pauschalen Marktzinssatz bezogen. Vielmehr hat sie dargelegt, zu welchem Zinssatz sie sich konkret refinanziere. Der Umstand, dass sie den Zinssatz kalkulatorisch ermittelt hat, ändert nichts daran, dass es sich um einen dem zulässigen Geschäftsmodell der Leasinggeberin geschuldeten konkreten Refinanzierungsaufwand handelt.
Der vorgenannte Tatsachenvortrag ist einer Beweisaufnahme in Gestalt des von der Leasinggeberin angebotenen Zeugensowie Sachverständigenbeweises zugänglich, ohne dass es der vom Oberlandesgericht Stuttgart vermissten weiteren Aufschlüsselung bedarf, in welchem Umfang der von den Refinanzierungspartnern der Leasinggeberin vorgenommene Aufschlag auf den Marktzinssatz in den von der Leasinggeberin vorgetragenen Refinanzierungszins eingegangen ist. Diese Einzelangabe ist entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts Stuttgart zur Beurteilung der Schlüssigkeit des Vorbringens nicht erforderlich, weil sie für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung ist7. Denn das Berufungsgericht ist in die Lage versetzt worden, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens der Leasinggeberin zu entscheiden, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe sie tatsächlich Refinanzierungskosten in der geltend gemachten Höhe erspart hat. Dabei wird das Oberlandesgericht Stuttgart zu berücksichtigen haben, dass jede Berechnung eines Abzinsungsbetrags nur zu einem Annäherungswert führt, dessen Maßgeblichkeit der Tatrichter nach Maßgabe des § 287 ZPO zu beurteilen und auszusprechen hat.
Danach kann das Berufungsurteil des OLG Stuttgart keinen Bestand haben; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die nicht entscheidungsreife Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG Stuttgart zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Bundesgerichtshof, Urteil vom 30. Oktober 2019 – VIII ZR 177/18
- Bestätigung von BGH, Urteil vom 26.06.2002 – VIII ZR 147/01, BGHZ 151, 188, 195 mwN[↩]
- Bestätigung von BGH, Urteile vom 28.10.1981 – VIII ZR 302/80, BGHZ 82, 121, 132; vom 16.05.1990 – VIII ZR 108/89, BGHZ 111, 237, 243 f.[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 29.01.1986 – VIII ZR 49/85, NJW-RR 1986, 594 unter – III 2 a; vom 16.05.1990 – VIII ZR 108/89, aaO[↩]
- OLG Stuttgart, Urteil vom 08.05.2018 6 U 115/17[↩]
- ein bis zehn Jahre[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 22.11.1995 – VIII ZR 57/95, aaO [noch zum Diskontsatz]; BeckOGKBGB/Ziemßen, Stand: 1.10.2019, § 535 Rn. 1104 [zum Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank][↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 10.04.2018 – VIII ZR 223/17 14; Urteil vom 21.06.2018 – IX ZR 129/17, NJW-RR 2018, 1150 Rn. 16; [jeweils zu der nicht erforderlichen Angabe näherer Einzelheiten, soweit diese für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind][↩]