Die erlaubnispflichtige Anlagevermittlung – und die Darlegungslast des Anlagevermittlers

Eine nach § 32 Abs. 1 KWG erlaubnispflichtige Anlagevermittlung im Sinne des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 KWG ist jede final auf den Abschluss von Geschäften über die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten gerichtete Tätigkeit. Eine solche liegt schon dann vor, wenn der Vermittler den Abschluss eines konkreten Geschäfts bereits so umfassend vorbereitet und abgewickelt hat, dass der Kunde den Auftrag nur noch zu unterschreiben und abzusenden hat oder wenn der Vermittler nach einer Anlageberatung die vom Kunden unterschriebenen Orderbelege weiterleitet.

In diesem Zusammenhang hatte sich der Bundesgerichtshof nun aktuell mit der Darlegungslast eines Anlagevermittlers im Sinne des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 KWG zu befassen, der geltend macht, seine Tätigkeit sei aufgrund von § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 8 KWG nicht erlaubnispflichtig, weil sie sich lediglich auf solche (ausländischen) Anteile beziehe, die nach dem Investmentgesetz öffentlich vertrieben werden dürften:

Nach § 32 Abs. 1 KWG benötigt die Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unter anderem, wer im Inland in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, Finanzdienstleistungen erbringt. Bei dieser Vorschrift handelt es sich, wie das Berufungsgericht insoweit zutreffend ausgeführt hat, um ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB zu Gunsten des einzelnen Kapitalanlegers1.

Im vorliegenden Fall war davon auszugehen, dass die Tätigkeit der Anlagevermittlerin eine Finanzdienstleistung im Sinne des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 KWG beziehungsweise des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 und 1a KWG (hier: in der für den Umtausch im Oktober 2008 maßgeblichen Fassung vom 16.07.2007) darstellte und damit grundsätzlich gemäß § 32 Abs. 1 KWG erlaubnispflichtig war. Zwar war von § 1 Abs. 1 a Satz 2 KWG in der Fassung der Bekanntmachung vom 09.09.19982 lediglich die Anlagevermittlung und nicht, wie seit der Änderung des Gesetzes durch Art. 3 Nr. 2 des Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetzes vom 16.07.20073, auch die Anlageberatung erfasst. Der Begriff der Anlagevermittlung im Gesetz über das Kreditwesen unterscheidet sich jedoch von demjenigen des bürgerlichen Rechts4. Anlagevermittlung nach dem Gesetz über das Kreditwesen ist jede final auf den Abschluss von Geschäften über die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten gerichtete Tätigkeit5. So liegt eine erlaubnispflichtige Anlagevermittlung schon dann vor, wenn der Vermittler den Abschluss eines konkreten Geschäfts bereits so umfassend vorbereitet und abgewickelt hat, dass der Kunde den Auftrag nur noch zu unterschreiben und abzusenden hat6 oder wenn der Vermittler nach einer Anlageberatung die vom Kunden unterschriebenen Orderbelege weiterleitet7. Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand ist davon auszugehen, dass die Anlageberaterin solche Tätigkeiten entfaltet haben.

Das 8 widerspricht dem nicht. Zwar hat der VI. Zivilsenat in der von ihm entschiedenen Sache für das Vorliegen einer Anlagevermittlung im Sinne des KWG, anknüpfend an das in § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 KWG enthaltene Tatbestandsmerkmal „oder deren Nachweis“, für erforderlich gehalten, dass die dortige Anlageberaterin eine Tätigkeit als Nachweismakler ausübte9. Jedoch stand in jener Sache neben einer Maklertätigkeit lediglich eine Anlageberatung in Rede, die im maßgeblichen Zeitraum noch nicht erlaubnispflichtig war10. Deshalb kann aus dieser Entscheidung nicht abgeleitet werden, dass ausschließlich eine Tätigkeit als Nachweismakler eine Anlagevermittlung im Sinne des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 KWG darstellt. Im Übrigen ging die neben der Anlageberatung ausgeübte Tätigkeit der Anlageberaterin sogar über einen bloßen Nachweis zum Vertragsschluss hinaus.

Die Anlageberaterin berufen sich hinsichtlich der hiernach grundsätzlich bestehenden Erlaubnispflicht nach § 32 Abs. 1 KWG auf § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 8 KWG11. Diese Bestimmung stellt eine Abweichung zu § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1a KWG dar, für deren Voraussetzungen die Anlageberaterin – und entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht die Anlegerin – zumindest sekundär darlegungsbelastet sind.

Im Ausgangspunkt richtig ist, dass der Geschädigte die Voraussetzungen für die Verletzung eines Schutzgesetzes darzulegen und zu beweisen hat12. Dies folgt aus dem allgemeinen Grundsatz, dass der Anspruchsteller alle Tatsachen behaupten und gegebenenfalls beweisen muss, aus denen sich sein Anspruch herleitet13. Allerdings trägt derjenige, der sich gegenüber dem an sich verwirklichten Tatbestand des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 KWG darauf beruft, dass sich seine Geschäftstätigkeit lediglich auf solche (ausländischen) Anteile bezieht, die nach dem Investmentgesetz öffentlich vertrieben werden dürfen, und deshalb nach § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 8 KWG nicht erlaubnispflichtig ist, zumindest die sekundäre Darlegungslast für das Vorliegen dieser Voraussetzungen; denn er kennt die insoweit maßgeblichen Tatsachen und Umstände beziehungsweise muss sie kennen, deren nähere Darlegung ihm ohne Weiteres zumutbar ist14. Ob die Anlageberaterin darüber hinausgehend die primäre Darlegungs- und Beweislast für den von ihnen geltend gemachten Tatbestand trifft, weil er eine Ausnahme von den Voraussetzungen eines Schutzgesetzes darstellen könnte, bedarf vorliegend keiner Entscheidung.

Im Übrigen ist anzumerken, dass das Berufungsgericht, wie die Revision zu Recht rügt, selbst von seinem jedenfalls zur Verteilung der Darlegungslast unzutreffenden Standpunkt für die Voraussetzungen des Ausnahmetatbestands des § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 8 KWG die Anlegerin nicht als beweisfällig hätte ansehen dürfen. Sie hat mit Schriftsatz vom 18.07.2011 unter Vorlage zweier von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht herausgegebener Listen, in der die ausländischen Investmentanteile, die in Deutschland ohne Erlaubnis vertrieben werden dürfen, aufgeführt sind, vorgetragen, zumindest der vom Zedenten auf Empfehlung des Anlageberaterin zu 2 erworbene Fonds „I. F. M. “ habe nicht unter die nach § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 8 KWG erlaubnisfrei zu vertreibenden Anlagen gehört, so dass die Anlageberaterin gegen § 32 Abs. 1 KWG verstoßen hätten. Die Anlegerin hat hierzu weiteren Beweis angetreten, indem sie die Einholung einer Auskunft der Bundesanstalt beantragt hat. Dies hat das Berufungsgericht übergangen.

Zutreffend beanstandet die Revision weiter, das Berufungsgericht habe zu Unrecht dem Vortrag der Anlegerin keine rechtliche Bedeutung beigemessen, dass der Anlageberaterin zu 2 den Verkauf der im Depot der D. B. gehaltenen Aktien empfohlen und die Verkaufsaufträge unterschriftsreif vorbereitet habe. Auch die Vermittlung der Veräußerung zuvor anderweitig erworbener Finanzinstrumente stellt gemäß § 1 Abs. 1a Nr. 1 KWG als Anlagevermittlung eine Finanzdienstleistung dar, so dass die Erlaubnisbedürftigkeit nach § 32 Abs. 1 KWG bestand. § 1 Abs. 1a Nr. 1 KWG bestimmt ausdrücklich, dass „die Vermittlung von Geschäften über die … Veräußerung von Finanzinstrumenten“ eine Finanzdienstleistung ist (zur Definition der Finanzinstrumente siehe § 1 Abs. 11 KWG). Ob die Veräußerung der Finanzinstrumente der Vorbereitung einer anschließenden Anlageberatung, die den Erwerb anderer Produkte zum Gegenstand hat, dient, ist ohne Belang. Dass der Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 8 KWG insoweit eingreift, ist nicht vorgetragen.

Auch die Würdigung, es fehle an der Kausalität einer etwaigen Gesetzesverletzung im Zusammenhang mit der Veräußerung des bei der D. B. gehaltenen Depotbestands für den geltend gemachten Schaden, weil es dem Zedenten in erster Linie um die Neuanlage der Gelder gegangen sei, ist zumindest auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht frei von einem revisionsrechtlich bedeutsamen Denkfehler. Unbeachtlich ist, ob der Zedent auch in Kenntnis der fehlenden Erlaubnis der Anlageberaterin zur Vermittlung der Veräußerung von Finanzinstrumenten mit deren Tätigwerden einverstanden gewesen wäre. Vielmehr hätten die Anlageberaterin ohne die erforderliche Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht der Anlegerin ihre Dienste im Zusammenhang mit der Veräußerung des Depotbestandes erst gar nicht antragen dürfen.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 5. Dezember 2013 – III ZR 73/12

  1. st. Rspr. z.B.: BGH, Urteil vom 19.01.2006 – III ZR 105/05, BGHZ 166, 29 Rn. 17 a.E.; Bundesgerichtshof, Versäumnisurteil vom 21.04.2005 – III ZR 238/03, NJW 2005, 2703 f mwN; BGH, Urteil vom 19.03.2013 – VI ZR 56/12, WM 2013, 874 Rn. 10 f mwN[]
  2. BGBl. I S. 2776[]
  3. BGBl. I S. 1330[]
  4. siehe zu den Pflichten eines Anlagevermittlers im Sinne des Zivilrechts z.B. BGH, Urteile vom 05.03.2009 – III ZR 17/08, WM 2009, 739 Rn. 11 und vom 12.02.2004 – III ZR 359/02, BGHZ 158, 110, 116[]
  5. Merkblatt der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht – Hinweise zum Tatbestand der Anlagevermittlung, Stand 24.07.2013; Schäfer in Boos/Fischer/SchulteMattler, KWG, 4. Aufl., KWG § 1 Rn. 122, 122a; Schwennicke in Schwennicke/Auerbach, KWG, 2. Aufl. § 1 Rn. 83[]
  6. Hess. VGH, NJW 2003, 3578, 3579[]
  7. Schäfer aaO Rn. 122a; weitergehend: Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht; Reschke in Beck/Samm/Kokemoor, KWG, Stand Mai 2011, § 1 Rn. 528 und Schwennicke aaO, die sogar eine Botentätigkeit ausreichen lassen[]
  8. BGH, Urteil vom 15.05.2012 – VI ZR 166/11, NJW 2012, 3177[]
  9. aaO Rn. 13[]
  10. vgl. aaO Rn. 16[]
  11. in der für den Streitfall maßgeblichen Fassung des Art. 10 Nr. 2 des Investmentmodernisierungsgesetzes vom 15.12.2003, BGBl. I S. 2676[]
  12. z.B. BGH, Urteile vom 19.07.2011 – VI ZR 367/09, NJW-RR 2011, 1661 Rn. 13 und vom 11.12.2001 – VI ZR 350/00, WM 2002, 347, 348[]
  13. BGH aaO[]
  14. vgl. auch BGH, Versäumnisurteil vom 24.01.2012 – II ZR 119/10, WM 2012, 702 Rn. 11[]