Fehlerhafte Anlageberatung – und die Verjährungshemmung durch Mahnbescheid

Der 1 in einem Fall, der die Haftung wegen Prospektfehlern betraf, entschieden, dass es im Mahnverfahren zur erforderlichen Individualisierung des geltend gemachten prozessualen Anspruchs nicht der Benennung der einzelnen Prospektfehler bedarf.

Nichts anderes kann für Pflichtverletzungen durch fehlerhafte Angaben beziehungsweise eine unzureichende Aufklärung im Rahmen eines Beratungsgesprächs gelten2.

Fehlt es allerdings aus anderen Gründen an der nach § 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO notwendigen Individualisierung, tritt keine Hemmung der Verjährung ein und kann die Individualisierung auch nicht mit Rückwirkung nachgeholt werden3.

Mahnbescheid bei abgetretenen Forderungen

Zur notwendigen Individualisierung zählt auch, dass dem Mahnbescheid zu entnehmen sein muss, ob Rechte aus eigenem oder abgetretenem Recht geltend gemacht werden. Denn bei Ansprüchen aus eigenem und solchen aus abgetretenem Recht handelt es sich um unterschiedliche Streitgegenstände4.

Wird zum Beispiel eine Klage zunächst (unzutreffend) auf einen Anspruch aus eigenem Recht und später dann (zutreffend) auf einen Anspruch aus abgetretenem Recht gestützt, hat die Klageerhebung keine verjährungsrechtliche Bedeutung für den abgetretenen Anspruch5. Entsprechend muss auch die Abtretung im Mahnbescheid angegeben werden6.

Gleiches gilt, wenn Ansprüche aus eigenem und abgetretenem Recht geltend gemacht werden7.

Mahnbescheid bei mehreren Einzelforderungen

Zur notwendigen Individualisierung gehört ferner, wenn mehrere Einzelforderungen und nicht nur unselbständige Rechnungsposten eines einheitlichen Schadens geltend gemacht werden, dass die Zusammensetzung der Forderung bereits aus dem Mahnbescheid erkennbar ist8. Ob im vorliegenden Fall der Eigenkapitalanteil und die Kosten für das Fremdkapital, bei denen es sich um den Aufwand für den Erwerb der Beteiligung handelt, als unselbständige Rechnungsposten anzusehen sind, kann dahinstehen. Jedenfalls ist entgangener Gewinn – hier Teil der klägerischen Schadensberechnung – kein unselbständiger Rechnungsposten, sondern ein selbständiger Streitgegenstand9. Zudem handelt es sich im vorliegenden Fall der Sache nach um eine Teilklage über 60.000 €, da die im Klageverfahren geltend gemachten Schadenspositionen zusammen einen höheren Betrag ausmachen. Bei einer Teilklage muss aber bereits dem Mahnbescheid zu entnehmen sein, dass es sich um eine Teilforderung handelt und welche Teile Gegenstand der Forderung sein sollen10.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26. Februar 2015 – III ZR 53/14

  1. BGH, Beschluss vom 21.10.2014 – XI ZB 12/12, WM 2015, 22 Rn. 141 ff, 146[]
  2. siehe auch bereits BGH aaO Rn. 145 f unter Hinweis auf Grüneberg, WM 2014, 1109, 1110 f[]
  3. vgl. nur BGH, Urteile vom 17.10.2000 – XI ZR 312/99, WM 2000, 2375, 2377; vom 10.07.2008 – IX ZR 160/07, NJW 2008, 3498 Rn. 7, 16; und vom 21.10.2008 – XI ZR 466/07, NJW 2009, 56 Rn.19 ff; BGH, Beschluss vom 31.01.2014 – III ZR 84/13[]
  4. vgl. nur BGH, Urteile vom 29.11.1990 – I ZR 45/89, NJW 1991, 1683, 1684; vom 04.05.2005 – VIII ZR 93/04, NJW 2005, 2004, 2005; vom 17.11.2005 – IX ZR 8/04, WM 2006, 592, 594; und vom 21.10.2008 aaO Rn. 15; BGH, Beschluss vom 27.11.2013 – III ZR 371/12[]
  5. vgl. BGH, Urteil vom 04.05.2005 aaO[]
  6. vgl. auch BGH, Versäumnisurteil vom 30.09.2004 – VII ZR 92/03, NJW-RR 2005, 504, wonach im Mahnbescheid angegeben werden muss, dass der Gläubiger aus abgeleitetem Recht vorgeht, wobei es allerdings unschädlich ist, wenn die Berechtigung des Antragstellers nicht auf einer Abtretung, sondern tatsächlich nur auf einer Einziehungsermächtigung beruht[]
  7. vgl. BGH, Urteil vom 17.11.2005 aaO[]
  8. vgl. BGH, Urteile vom 23.01.2008 – VIII ZR 46/07, NJW 2008, 1220 f; vom 17.11.2010 – VIII ZR 211/09, NJW 2011, 613 Rn. 14; und vom 10.10.2013 – VII ZR 155/11, NJW 2013, 3509 Rn. 16 f; BGH, Beschluss vom 31.01.2014 aaO Rn. 14 f[]
  9. vgl. BGH, Urteil vom 19.06.2000 – II ZR 319/98, NJW 2000, 3718, 3719; Bundesgerichtshof aaO[]
  10. vgl. BGH, Urteil vom 21.10.2008 aaO Rn. 18; Bundesgerichtshof aaO Rn. 16; jedenfalls wenn nicht nur unselbständige Rechnungsposten betroffen sind BGH, Urteil vom 13.05.2011 – V ZR 49/10, juris 13 mwN[]