Einwendungen gegen Rechnungsabschlüsse der Sparkasse – nur schriftlich

Nr. 7 Abs. 3 Satz 1 AGB-Sparkassen 2002, der zufolge Einwendungen gegen Rechnungsabschlüsse der Sparkasse schriftlich oder, wenn im Rahmen der Geschäftsbeziehung der elektronische Kommunikationsweg vereinbart wurde, auf diesem Wege zugehen müssen, benachteiligt den Vertragspartner der Sparkasse nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen.

Die Annahme des Antrags der Sparkasse auf Abschluss eines abstrakten Saldoanerkenntnisvertrages kann mangels schriftlicher Einwendungen des Kunden gegen den Rechnungsabschluss auf der Grundlage der Nr. 7 Abs. 3 AGB-Sparkassen fingiert werden.

7 Abs. 3 Satz 1 AGB-Sparkassen knüpft die Fiktion einer Erklärung des Kunden nach den für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen maßgebenden Grundsätzen1 an das Unterlassen von Einwendungen in der Form des § 127 Abs. 1 und 2 BGB bzw. sofern, wie hier allerdings nicht, der „elektronische Kommunikationsweg“ vereinbart wurde alternativ in der Form des § 127 Abs. 3 BGB. Eine Auslegung dahin, Einwendungen müssten in der Form des § 126 Abs. 1 BGB erhoben werden2, ist zwar theoretisch denkbar, praktisch aber fernliegend und daher nicht ernstlich in Betracht zu ziehen.

7 Abs. 3 Satz 1 AGB-Sparkassen ist nicht nach § 309 Nr. 13 BGB unwirksam. Eine strengere (konstitutive) Form als die Schriftform oder ein besonderes Zugangserfordernis statuiert die Klausel nicht. Aus § 309 Nr. 13 BGB folgt im Umkehrschluss, dass eine Klausel, die für die Abgabe von Erklärungen die Schriftform vorsieht, im Regelfall nicht nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam ist3. Das gilt auch für Nr. 7 Abs. 3 Satz 1 AGBSparkassen.

Auch bei einer Gesamtbetrachtung sämtlicher Regelungen der Nr. 7 Abs. 3 AGBSparkassen benachteiligt deren Satz 1 den Vertragspartner der Klägerin nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen.

Die in Nr. 7 Abs. 3 Satz 2 AGBSparkassen statuierte Genehmigungsfiktion steht, was der Bundesgerichtshof zu der im wesentlichen gleichlautenden Nr. 7 Abs. 3 Satz 2 AGB-Sparkassen in der ab dem Jahr 1993 geltenden Fassung4 bereits entschieden hat5, in Einklang mit § 308 Nr. 5 BGB. Das gilt auch für Nr. 7 Abs. 3 Satz 4 AGBSparkassen. Die dortige Regelung weicht entgegen der Ansicht der Revision nicht von § 308 Nr. 5 Buchst. b BGB ab. Mit dem besonderen Hinweis im Sinne des § 308 Nr. 5 Buchst. b BGB

ist ein deutlich abgesetzter Hinweis zu Beginn der Frist und nicht lediglich etwa zu Beginn der Vertragsbeziehung gemeint. Einen solchen Hinweis „bei Fristbeginn“ ordnet Nr. 7 Abs. 3 Satz 4 AGBSparkassen in Übereinstimmung mit § 308 Nr. 5 BGB, was der Bundesgerichtshof für eine wortgleiche frühere Fassung im Verhältnis zu § 10 Nr. 5 AGB-Gesetz a.F. bereits ausgesprochen hat5, ausdrücklich an.

Auch bei einer Zusammenschau mit diesen Bestimmungen folgt die Unwirksamkeit der Nr. 7 Abs. 3 Satz 1 AGB-Sparkassen nicht aus § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Dabei ist der Bundesgerichtshof von dem Grundsatz ausgegangen, dass die Wirksamkeit der Klausel nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB voraussetzt, dass der Verwender am Ergebnis der Erklärungsfiktion unter den besonderen Formvorgaben der Nr. 7 Abs. 3 Satz 1 AGB-Banken ein berechtigtes Interesse hat6. Ein solches berechtigtes Interesse ist der klagenden Sparkasse bei massenhaft wiederkehrenden Geschäftsvorgängen wie dem Anerkenntnis von Rechnungsabschlüssen aus organisatorischen Gründen zuzubilligen. So ist gewährleistet, dass die Einwände des Kunden dauerhaft reproduzierbar und unverwässert an die für Reklamationen zuständige Stelle innerhalb der Sparkasse gelangen. Gleichzeitig wird verhindert, dass die Weitergabe einer bloß mündlichen Beanstandung in der Hektik des Tagesgeschäfts untergeht7. Entsprechend hat der Bundesgerichtshof weder Nr. 7 Abs. 3 AGB-Sparkassen unter diesem Aspekt beanstandet5 noch in Nr. 7 Abs. 4 AGB-Sparkassen in der zwischen dem 1.04.2002 und dem 31.10.2009 maßgeblichen Fassung8 eine unangemessene Benachteiligung aufgrund des Umstands erblickt, dass Einwendungen gegen eine Belastungsbuchung aus einer Lastschrift schriftlich geltend zu machen waren9.

Demgegenüber wird in der Literatur eingewandt, der Kunde habe im Hinblick auf die weitreichenden Folgen der in Nr. 7 Abs. 3 Satz 2 AGB-Sparkassen geregelten Genehmigungsfiktion ein schützenswertes Interesse daran, Einwendungen auf jedem Kommunikationsweg und nicht nur in der Form der Nr. 7 Abs. 3 Satz 1 AGB-Banken geltend zu machen. Es sei der Sparkasse zuzumuten, auch mündliche Einwendungen zu beachten. Das Schriftformerfordernis, das eigentlich dem Kundeninteresse an der Beweisbarkeit der Einwendung dienen solle, bewirke das Gegenteil, nämlich eine unangemessene Belastung10. Das trifft nicht zu. Die Einhaltung der Schriftform sichert die Eindeutigkeit und Endgültigkeit der Erklärung und dient daher, worauf der Beklagte in der Revisionsverhandlung selbst hingewiesen hat, auch dem Interesse des Kunden. Die mit einer verkörperten Erklärung verbundenen Vorteile der Dokumentation haben den Gesetzgeber wiederholt bewogen, für den Widerruf bei Verbraucherverträgen die Fixierung auf einem dauerhaften Datenträger oder die Textform vorzusehen11. Zu § 355 Abs. 1 BGB in der ab dem 13.06.2014 geltenden Fassung halten die Gesetzesmaterialien fest, es sei für den Verbraucher „weiterhin ratsam, in Textform zu widerrufen“12. Zugleich sind die Anforderungen an die Einhaltung der gewillkürten Schriftform so gering, dass sie keine merklichen Belastungen darstellen.

Sollten einzelne Kunden nur mündlich in der Lage sein, Einwendungen gegen den Rechnungsabschluss zu erheben, wird sich die Sparkasse einer Entgegennahme der mündlichen Erklärung und schriftlichen Fixierung der Einwendungen an Stelle des Kunden kaum versperren. Sollte sie dies gleichwohl tun, wird ihr die Berufung auf Nr. 7 Abs. 3 Satz 1 AGB-Sparkassen nach § 242 BGB verwehrt sein13.

Bedingung für das Zustandekommen eines abstrakten Saldoanerkenntnisses ist der Zugang eines keiner besonderen Form bedürftigen14 Rechnungsabschlusses beim Kunden. Für den Zugang ist die Sparkasse darlegungs- und beweispflichtig15.

Ein entsprechender Nachweis ist nicht deshalb entbehrlich, weil zugunsten der Sparkasse die Geständnisfiktion des § 138 Abs. 3 ZPO eingreift. Zwar ist die bloße Erklärung mit Nichtwissen zum Zugang eines Schreibens nach § 138 Abs. 4 ZPO unzulässig16.

Davon abgesehen ist ein besonderer Hinweis im Sinne der Nr. 7 Abs. 3 Satz 4 AGB-Sparkassen erforderlich. Dieser Hinweis muss in einer Form geschehen, die unter normalen Umständen Kenntnisnahme verbürgt; er darf nicht in einer größeren Summe von Einzelmitteilungen, die üblicherweise nicht allesamt aufmerksam gelesen werden, versteckt sein. Er muss geeignet sein, die Aufmerksamkeit des Vertragspartners zu erwecken, d.h. drucktechnisch hervorgehoben und von einem in derselben Mitteilung eventuell enthaltenen Text klar abgesetzt werden, da er sonst vom Empfänger übersehen wird17. Ob der Rechnungsabschluss der Sparkasse im vorliegenden Fall dem genügte, lässt sich dem Berufungsurteil nicht sicher entnehmen. Die Verwertung von Erkenntnissen aus anderen Verfahren zur generellen Praxis der Sparkasse ergibt für den konkreten Fall nichts. Sie unterfällt nicht dem Privileg des § 291 ZPO, sondern verstößt gegen § 355 ZPO18.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 28. Januar 2014 – XI ZR 424/12

  1. vgl. BGH, Urteile vom 13.11.2012 – XI ZR 500/11, BGHZ 195, 298 Rn. 16; und vom 08.10.2013 – XI ZR 401/12, WM 2013, 2166 Rn. 22 mwN[]
  2. in diesem Sinne Steppeler/Künzle, Kommentar zu den Sparkassen-AGB, 3. Aufl., S. 111[]
  3. Böhm ArbRB 2008, 91, 93; Löw, MDR 2006, 12, 14[]
  4. abgedruckt WM 1993, 711, 715[]
  5. BGH, Urteil vom 06.06.2000 – XI ZR 258/99, BGHZ 144, 349, 355[][][]
  6. vgl. BGH, Urteil vom 09.11.1989 – IX ZR 269/87, NJW 1990, 761, 763[]
  7. vgl. schon Liesecke, WM 1975, 238, 243[]
  8. abgedruckt ZBB 2002, 139, 140[]
  9. BGH, Urteil vom 25.01.2011 – XI ZR 172/09, BKR 2011, 127 Rn. 14 ff.; vgl. auch BGH, Urteil vom 30.09.2010 – IX ZR 178/09, WM 2010, 2023 Rn.19; Urteil vom 21.10.2010 – IX ZR 240/09, ZInsO 2010, 2293 Rn. 11; konsequent a.A. Fandrich in Graf von Westphalen/Thüsing, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Banken- und SparkassenAGB, Rn. 31 a.E. [Stand: Oktober 2008][]
  10. Fandrich in Graf von Westphalen/Thüsing, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Banken- und SparkassenAGB, Rn. 31 [Stand: Oktober 2008]; im Ergebnis ebenso A. Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 11. Aufl., Teil 4, [2] Banken [Kreditinstitute] Rn. 23; Hettich/Thieves/Timmann/Windhöfel, BB 1990, 2347, 2351; Pamp in Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, 6. Aufl., Klauseln [B] Rn. B 34; auf den Hinweis auf Einwände in der Literatur beschränken sich Bunte, AGB-Banken und Sonderbedingungen, 3. Aufl., AGB-Banken Rn. 559; Casper in Derleder/Knops/Bamberger, Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, 2. Aufl., § 3 Rn. 35 a.E.; Peterek in Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl., Rn.06.254[]
  11. zu § 361a BGB a.F. vgl. BT-Drs. 14/2658, S. 47; zu § 355 BGB vgl. BT-Drs. 14/7052 S.191, 194 f.[]
  12. BT-Drs. 17/12637, S. 60[]
  13. vgl. BGH, Urteil vom 15.01.2013 – XI ZR 22/12, WM 2013, 316 Rn. 25[]
  14. vgl. BGH, Urteil vom 08.11.2011 – XI ZR 158/10, WM 2011, 2358 Rn. 23 f.[]
  15. vgl. BGH, Urteil vom 04.07.1985 – III ZR 144/84, WM 1985, 1098, 1099[]
  16. BVerfG, NJW 1992, 2217; Leipold in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 138 Rn. 47 mit Fn. 110; Brause, NJW 1989, 2520[]
  17. BGH, Urteil vom 04.10.1984 – III ZR 119/83, WM 1985, 8, 10[]
  18. vgl. BGH, Urteil vom 04.11.2010 – I ZR 190/08, NJW-RR 2011, 569 Rn. 9 ff.[]