Die rückständige Forderungen – und die Schufa

Die Einmeldung rückständiger Forderungen bei Wirtschaftsauskunfteien kann gegen die Datenschutz-Grundverordnung verstoßen, wenn sich streitige Haupt- und Nebenforderungen nicht klar voneinander trennen lassen.

Ein Schuldner kann bei unrechtmäßiger Datenübermittlung durch seinen Vertragspartner an eine Wirtschaftsauskunftei (hier: SCHUFA) den Widerruf der Übermittlung verlangen. Im Falle einer Vertragskündigung wegen Zahlungsverzugs kann das Melden einer undifferenzierten Gesamtsumme aus Rückständen und Nebenforderungen (z.B. Zinsen, Verzugsschaden) unrechtmäßig sein.

In dem vom Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht entschiedenen Fall war der klagende Kunde mit seinen Abschlagszahlungen bei einem Energieversorgungsunternehmen im Jahr 2014 in Verzug geraten. Das Energieversorgungsunternehmen kündigte ihm daraufhin fristlos. In einer Schlussrechnung wurde dem Kunden Ende 2014 ein Betrag in Höhe von 529,16 € in Rechnung gestellt. Dieser Betrag umfasste ausweislich der Rechnung „anteiligen Paketverbrauch“, Mahngebühr, Nichterfüllungsschaden, Überweisungsgebühr sowie einen „Saldo Vertragskonto“. Ende 2014 forderte ein Inkassounternehmen einen Betrag in Höhe von 658,57 € vom Kunden. Weitere Zahlungsaufforderungen erfolgten in 2014 und 2017. Im Jahr 2019 erwarb die beklagte Inkassogesellschaft die Forderung. Im Jahr 2020 und im Februar 2021 forderte die Inkassogesellschaft den Kunden zur Zahlung auf. Die Inkassogesellschaft wies jeweils auf die Möglichkeit der Einmeldung der Forderung bei der Schufa hin. Am 12.03.2021 veranlasste sie dann die Meldung der offenen Gesamtforderung als Negativeintrag bei der Schufa. Im Jahr 2022 mahnte die Inkassogesellschaft erneut einen Betrag in Höhe von 828,61 € beim Kunden an. Der Kunde erhob im Oktober 2022 die Einrede der Verjährung. Dies wurde bei der Schufa registriert. Der Kunde verlangte sodann von der Inkassogesellschaft erfolglos, den Negativeintrag bei der Schufa entfernen zu lassen. Verschiedene Unternehmen hatten dem Kunden einen Vertragsschluss unter Berufung auf die fehlende Bonität des Kunden verweigert.

Der Kunde verlangte mit seiner Klage vor dem Landgericht von der Inkassogesellschaft unter anderem, den Negativeintrag bei der Schufa zu widerrufen und mindestens 5.000 € Schadensersatz zu leisten. Das Landgericht sprach dem Kunden einen Schadensersatz in Höhe von 500 € zu und verpflichtete die Inkassogesellschaft, den Eintrag gegenüber der Schufa zu widerrufen. Auf die Berufung der Inkassogesellschaft änderte der 17. Zivilsenat das Urteil dahingehend ab, dass die Inkassogesellschaft zwar den Eintrag widerrufen muss, aber keinen Schadensersatz zu leisten hat.

Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht kam zu dem Schluss, dass die Meldung der offenen Gesamtforderung durch die Inkassogesellschaft an die Schufa nicht rechtmäßig und daher zu widerrufen war. Dem Kunden steht insoweit ein Beseitigungsanspruch gegen die Inkassogesellschaft in entsprechender Anwendung von §§ 1004, 823 BGB in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 DSGVO zu. Die Meldung der Daten an die Schufa erwies sich weder unter Berücksichtigung der Vorschriften zum sogenannten Scoring nach § 31 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) noch nach Art. 6 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) als 

rechtmäßig. Für eine Rechtmäßigkeit der Meldung an die Schufa sprechen nach Auffassung des Oberlandesgerichts nicht die Regelungen in § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und 5 BDSG, da schon der Bestand und die Fälligkeit der Gesamtforderung zweifelhaft sind. Zudem sind die Forderungen weder unstreitig (Nr. 4) noch handelt es sich sämtlich um Forderungen, wegen derer das Vertragsverhältnis gekündigt werden kann (Nr. 5). In der Schlussrechnung waren neben Rückständen auch Positionen wie Mahngebühren, Nichterfüllungsschaden, Überweisungsgebühren und Verzugskosten enthalten. Schon die Bezeichnung solcher Forderungen spricht dagegen, dass eine Nichtbegleichung zur fristlosen Kündigung des Vertrags führen kann. Zudem lässt die Nichterfüllung solcher Nebenforderungen regelmäßig keinen sicheren Schluss auf mangelnde Zahlungsfähigkeit oder mangelnden Zahlungswillen zu. Die Berechtigung solcher Nebenforderungen ist schließlich abhängig von der Frage zu beurteilen, ob überhaupt die Rückstände aus dem Vertragsverhältnis zu zahlen sind.

Eine Rechtmäßigkeit der Meldung ergibt sich nicht aus Art. 6 Abs. 1 Buchstabe f) DSGVO. Nach dieser Vorschrift kann die Verarbeitung personenbezogener Daten rechtmäßig sein, wenn sie zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen. Hier überwiegt der Schutz der personenbezogenen Daten des Kunden, was sich aus der eingetretenen Verjährung und der fehlenden Klarheit in Bezug auf die Bestandteile der gemeldeten Gesamtsumme ergibt. Aus Erwägungsgrund 47 zur DSGVO ergibt sich, dass ein Inte-resse des Betroffenen am Schutz seiner personenbezogenen Daten überwiegen kann, wenn er vernünftigerweise nicht mehr mit einer Verarbeitung rechnen muss. So lag der Fall hier, da die ursprüngliche Forderung aus dem Jahr 2014 stammte und vor der Meldung verjährt war. Nach Erwägungsgrund 71 soll der verantwortliche Datenverarbeiter technische und organisatorische Maßnahmen treffen, um das Risiko von Fehlern im Datenbestand zu minimieren. Dem hat die Inkassogesellschaft nicht Sorge getragen, indem sie undifferenziert Haupt- und Nebenforderungen in einer Gesamtsumme der Schufa gemeldet hat. Sofern die Inkassogesellschaft aber durch mangelnde Differenzierung nach der Art der Forderungen keine hinreichende Vorsorge für die Richtigkeit der übermittelten Daten trifft, kann das Interesse an der Datenverarbeitung schon deshalb kein „berechtigtes“ im Sinne von Art. 6 Abs. 1 DSGVO sein.

Ein Schadensersatzanspruch steht dem Kunden jedoch nach Auffassung des Oberlandesgerichts nicht gem. § 82 Abs. 1 DSGVO gegen die Inkassogesellschaft zu. Es steht nicht fest, dass die Meldung der Inkassogesellschaft zum Scheitern von Vertragsabschlüssen des Kunden geführt hat. Der niedrige Basisscore des Kunden und die Bedenken seiner potentiellen Vertragspartner können nicht allein auf der Meldung durch die Inkassogesellschaft beruhen. Der Bonitätsscore des Kunden war wesentlich durch die weiteren Umstände beeinflusst. Der Kunde hatte zuvor einmal die Abgabe der Vermögensauskunft verweigert, später die Vermögensauskunft abgegeben und ein Verbraucherinsolvenzverfahren durchlaufen. Daran war die beklagte Inkassogesellschaft nicht beteiligt.

Schleswig -Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 22. November 2024 – 17 U 2/24