Wird in einem Immobiliardarlehensvertrag in der Widerrufsinformation neben den Pflichtangaben nach Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 1-7, 10 und 13 EGBGB sowie nach Art. 247 § 3 Abs. 4 EGBGB und nach Art. 247 § 8 EGBGB in der zwischen dem 11.06.2010 und dem 20.03.2016 geltenden Fassung die Angabe der Aufsichtsbehörde und die Information zum Verfahren bei Kündigung des Vertrages zur Voraussetzung für das Anlaufen der Widerrufsfrist erhoben1. , so genügt die Mitteilung dieser Angaben in den Allgemeinen Darlehensbedingungen, sofern diese Bestandteil der Vertragsurkunde sind und damit insgesamt die Schriftform gewahrt wird.
Die zusätzliche Angabe einer Internetadresse zur Postanschrift, Faxnummer und dem Emailkonto hindert selbst dann nicht die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 BGBInfoV, wenn der Verbraucher keine Bestätigung des Widerrufs über die Homepage erhalten konnte. Es handelt sich insoweit nicht um eine inhaltliche Bearbeitung des Musters, sondern um einen unschädlichen Zusatz.
Die Wendung, die Widerrufsfrist beginne „nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB erhalten hat“, informierte für sich klar und verständlich über den Beginn der Widerrufsfrist. Mit der Passage „nach Abschluss des Vertrages“ übernahm die Beklagte den Gesetzestext aus § 495 Abs. 2 S. 1 Nr. 2a)) BGB a.F. Eine weitere Präzisierung oder Paraphrasierung des dort gemeinten Zeitpunkts konnte von ihr nicht verlangt werden, da der Unternehmer nicht genauer formulieren muss als der Gesetzgeber selbst2. Ebenso klar und verständlich ist die Bezugnahme der Beklagten auf § 492 Abs. 2 BGB, insbesondere stellt die Bezugnahme auf eine konkret bezeichnete gesetzliche Vorschrift, deren Wortlaut für jedermann zugänglich ist, keinen Verstoß gegen das Transparenzgebot dar3.
Die Widerrufsinformation ist auch nicht wegen der von der Beklagten zur Erläuterung des Verweises auf § 492 Abs. 2 BGB vorgenommenen beispielhaften Aufzählung einzelner Pflichtangaben in dem Klammerzusatz fehlerhaft. Zu beanstanden ist insoweit weder der nur beispielhafte Charakter der aufgeführten Pflichtangaben noch der Umstand, dass mit „Angaben zum einzuhaltenden Verfahren bei der Kündigung des Vertrags“ und „Angabe der für den Darlehensgeber zuständigen Aufsichtsbehörde“ zwei „Pflichtangaben“ erwähnt werden, die für den Immobiliardarlehensvertrag der Kläger gemäß Art. 247 § 9 EGBGB a.F. nach dem Gesetz nicht einschlägig sind.
Der Bundesgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 25.10.20164 entschieden, dass es einer vollständigen Aufzählung der Pflichtangaben in der Widerrufsinformation nicht bedürfe, da ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Verbraucher die für seinen Vertrag maßgeblichen Pflichtangaben ermitteln könne5.
Durch die beispielhafte Auflistung von „Pflichtangaben“, bei denen es sich tatsächlich nicht um Pflichtangaben im technischen Sinne handelte, haben die Parteien einverständlich und wirksam die bei Immobiliardarlehensverträgen entbehrlichen Angaben nach Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 3 und 5 EGBGB aF zu zusätzlichen Voraussetzungen für das Anlaufen der Widerrufsfrist gemacht (1). Die zusätzlichen Voraussetzungen für den Beginn der Widerrufsfrist sind auch erfüllt (2).
Die Nennung der nach dem Gesetz nicht geforderten „Pflichtangaben“ beeinträchtigt nicht die Wirksamkeit der Widerrufsinformation, sondern ist lediglich als vertragliches Angebot der Beklagten aufzufassen, das Anlaufen der Widerrufsfrist von der zusätzlichen Erteilung dieser beiden Angaben im Immobiliardarlehensvertrag abhängig zu machen6.
Nach Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 1 und 3 EGBGB a.F. galten nämlich bei Immobiliardarlehensverträgen gemäß § 503 BGB a.F. über § 492 Abs. 2 BGB reduzierte Mitteilungspflichten gegenüber sonstigen Verbraucherdarlehensverträgen. Abweichend von Art. 247 §§ 3 bis 8, 12 und 13 EGBGB in der hier maßgeblichen Fassung waren bei Immobiliardarlehensverträgen nur die Angaben nach Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 1-7, 10 und 13 EGBGB sowie nach Art. 247 § 3 Abs. 4 EGBGB und nach Art. 247 § 8 EGBGB in der zwischen dem 11.06.2010 und dem 20.03.2016 geltenden Fassung zwingend. Der Immobiliardarlehensvertrag musste ferner die Angaben zum Widerrufsrecht nach Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB – hier wiederum in der zwischen dem 11.06.2010 und dem 03.08.2011 geltenden Fassung – enthalten. Die für die Beklagte als Darlehensgeberin zuständige Aufsichtsbehörde und das einzuhaltende Verfahren bei der Kündigung des Vertrags gehörten folglich nicht zu den Pflichtangaben bei Immobiliardarlehensverträgen im Sinne des § 492 Abs. 2 BGB. Denn der Gesetzgeber wollte mit § 492 Abs. 2 BGB – wie den Gesetzesmaterialien zu entnehmen ist7 – die Pflichtangaben in Abhängigkeit „von dem jeweiligen Verbraucherdarlehensvertrag“ definieren8. Dieses gesetzgeberische Konzept hat die Beklagte nicht mitvollzogen. Sie hat damit den Inhalt des § 492 Abs. 2 BGB nicht korrekt abgebildet.
Durch die beispielhafte Auflistung von „Pflichtangaben“, bei denen es sich tatsächlich nicht um Pflichtangaben im technischen Sinne handelt, haben die Parteien indessen einverständlich und wirksam die bei Immobiliardarlehensverträgen entbehrlichen Angaben nach Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 3 und 5 EGBGB a.F. zu zusätzlichen Voraussetzungen für das Anlaufen der Widerrufsfrist gemacht9. Denn mit dem Klammerzusatz bot die Beklagte ihren Vertragspartnern an, den Beginn der Widerrufsfrist nicht lediglich vom Erhalt der für Immobiliardarlehensverträge gesetzlich vorgeschriebenen Pflichtangaben, sondern außerdem von der Angabe des einzuhaltenden Verfahrens bei der Kündigung des Vertrags und von der Angabe der für sie zuständigen Aufsichtsbehörde abhängig zu machen. Zugleich trug die Beklagte ihren Vertragspartnern an, das Anlaufen der Widerrufsfrist von der Erteilung dieser Angaben in der für gesetzliche Pflichtangaben vorgeschriebenen Form bei Vertragsschluss und nicht lediglich im Zuge der Erfüllung vorvertraglicher Informationspflichten nach § 491a BGB – hier in der vom 10.06.2010 bis 20.03.2016 geltenden Fassung – abhängig zu machen10.
Dieses – weil ihnen günstig unbedenkliche – Angebot haben die Kläger durch Unterzeichnung des Darlehensvertrags angenommen. Dass die Verlängerung der Widerrufsfrist und die Information über die Voraussetzungen ihres Anlaufens in einem Akt zusammenfallen, berührt die Ordnungsmäßigkeit der Widerrufsinformation nicht11.
Die Angabe einer Internetadresse zusätzlich zu Postanschrift, Faxkennung und Email-Adresse der Widerrufsadressatin beeinträchtigt nicht die Gesetzmäßigkeit der erteilten Widerrufsinformation. Ein Verwirrungspotential scheidet insoweit aus.
Selbst wenn man den Vortrag der Kläger als wahr unterstellt, dass über die Homepage der Beklagten keine Widerrufserklärung abgegeben werden konnte, schadet dies der Widerrufsinformation nicht. Zwar sah Gestaltungshinweis [3] zu Anlage 6 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB a.F. vor, dass eine Internet-Adresse angegeben werden konnte, „wenn der Darlehensnehmer eine Bestätigung seiner Widerrufserklärung an den Darlehensgeber erhält“. Hier geht es indes nicht um die Frage der Erlangung des Musterschutzes nach Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB a.F., sondern die der Ordnungsgemäßheit der Widerrufsinformation an sich, welche sich allein an den Voraussetzungen der §§ 495, 492, 355 BGB a.F. orientiert. Diese sind erfüllt. Wie bereits ausgeführt, galten gemäß Art. 247 § 9 Abs. 1 Satz 1 und 3 EGBGB a.F. i.V.m. § 503 BGB a.F. bei Immobiliardarlehensverträgen – wie dem hier vorliegenden – über § 492 Abs. 2 BGB reduzierte Mitteilungspflichten. Abweichend von Art. 247 §§ 3 bis 8, 12 und 13 EGBGB in der hier maßgeblichen Fassung waren nur die Angaben nach Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 7, 10 und 13 EGBGB sowie nach Art. 247 § 3 Abs. 4 EGBGB und nach Art. 247 § 8 EGBGB in der zwischen dem 11.06.2010 und dem 20.03.2016 geltenden Fassung zwingend. Der Immobiliardarlehensvertrag musste ferner die Angaben zum Widerrufsrecht nach Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB a.F. enthalten. Das umfasste nach Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB a.F. „den Namen und die Anschrift des Darlehensgebers“ sowie nach Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 1 EGBGB a.F. die „anderen Umstände für die Erklärung des Widerrufs“, wozu auch die konkrete Angabe der Übermittlungsmöglichkeit eines Widerrufs zu zählen ist. Namen und Anschrift des Darlehensgebers hat die Beklagte genannt. Als Optionen für die Abgabe der Widerrufserklärung hat die Beklagte ferner neben ihrer Postanschrift eine Fax-Nummer sowie eine E-Mail-Adresse angegeben. Dass daneben über die Homepage der Beklagten – so der klägerische Vortrag – ein Widerruf nicht möglich gewesen sein soll, schadet vor diesem Hintergrund nicht. Denn der Kunde wird nicht dadurch vom Widerruf abgehalten, dass einer von insgesamt vier möglichen Übermittlungswegen nicht zur Verfügung steht. Ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Verbraucher, auf den abzustellen ist12, wird vielmehr auf einen der drei anderen Wege ausweichen, sollte er feststellen, dass er seinem Begehren über die Homepage nicht zur Geltung verhelfen kann.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 14. März 2017 – 17 U 204/15
- vgl. BGH, Urteil vom 22.11.2016 – XI ZR 434/15[↩]
- BGH, Urteil vom 22.11.2016 – XI ZR 434/15, Rn. 17[↩]
- BGH aaO Rn. 18 ff.[↩]
- BGH, Beschluss vom 25.10.2016 – XI ZR 6/16[↩]
- BGH aaO Rn. 7[↩]
- BGH, Urteil vom 22.11.2016 – XI ZR 434/15 29 zu einem gleichlautenden Klammerzusatz[↩]
- BT Drucks.17/1394, S. 14[↩]
- BGH aaO 27[↩]
- BGH aaO 29[↩]
- BGH aaO 30[↩]
- BGH aaO 31 und Urteil vom 13.01.2009 – XI ZR 118/08 17[↩]
- BGH, Urteil vom 22.11.2016 – XI ZR 434/15 15[↩]