Ein Swap-Geschäft ist sittenwidrig und nichtig, wenn es darauf angelegt ist, den Vertragspartner der Bank von vornherein chancenlos zu stellen1.
Ein Rechtsgeschäft ist sittenwidrig im Sinne des § 138 BGB und damit nichtig, wenn es nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht zu vereinbaren ist2. Maßgebend sind die Verhältnisse im Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts3.
Die Frage, ob ein Rechtsgeschäft sittenwidrig und damit nichtig ist, kann nicht ohne eine konkrete Betrachtung des Geschäfts entschieden werden. Zinssatz-Swap-Verträge wie die hier streitgegenständlichen sind atypische gegenseitige Verträge4 mit aleatorischem Charakter5. Bei solchen Verträgen mit Spiel- oder Wettcharakter kann sich die Sittenwidrigkeit auch aus deren Inhalt ergeben6. Allerdings hat im Unterschied zum echten Austauschvertrag eine auffällige Abweichung vom Vergleichswert bei Spiel- und Wettverträgen keine indizielle Aussagekraft7. Im Besonderen ist hier die Wertung des § 37e Satz 1 WpHG in der Fassung des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes8 bei der Auslegung der ausfüllungsbedürftigen Generalklausel des § 138 Abs. 1 BGB zu berücksichtigen9. Mit der Schaffung des § 37e Satz 1 WpHG verfolgte der Gesetzgeber das Anliegen, durch den Ausschluss des Spieleinwands gegen Finanztermingeschäfte eine sichere Rechtssphäre zu schaffen10. Daraus folgt, dass Finanztermingeschäfte allein wegen ihres spekulativen Charakters nicht sittenwidrig sind. Hinzukommen müssen weitere Umstände11. In Anlehnung an die vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze zur Sittenwidrigkeit von Terminoptionsgeschäften gilt, dass ein Swap-Geschäft erst dann sittenwidrig ist, wenn es darauf angelegt ist, den Vertragspartner der Bank von vornherein chancenlos zu stellen12.
Gemessen daran sind die streitgegenständlichen Zinssatz-Swap-Verträge nicht nach § 138 BGB nichtig. Sie stellten die Kundin nicht chancenlos. Denn die Kundin hätte mit den vier streitgegenständlichen Zinssatz-Swap-Verträgen bei anderer Entwicklung Gewinne erzielen können.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 28. April 2015 – XI ZR 378/13
- Anschluss an BGH, Urteile vom 09.03.2010 – XI ZR 93/09, BGHZ 184, 365 Rn. 26; vom 13.07.2010 – XI ZR 28/09, WM 2010, 1590 Rn. 39; und vom 12.10.2010 – XI ZR 394/08, WM 2010, 2214 Rn. 40[↩]
- BGH, Urteile vom 19.01.2001 – V ZR 437/99, BGHZ 146, 298, 301; vom 17.01.2008 – III ZR 239/06, NJW 2008, 982 Rn. 11; und vom 03.04.2008 – III ZR 190/07, WM 2008, 996 Rn. 21, jeweils mwN[↩]
- st. Rspr., BGH, Urteile vom 09.11.1978 – VII ZR 54/77, BGHZ 72, 308, 314; und vom 10.02.2012 – V ZR 51/11, WM 2012, 2015 Rn. 13 mwN[↩]
- Jahn in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 114 Rn. 75; Decker, WM 1990, 1001, 1004; Roller/Elster/Knappe, ZBB 2007, 345, 352 f.[↩]
- Roberts, DStR 2010, 1082, 1083 f.[↩]
- MünchKomm-BGB/Habersack, 6. Aufl., § 762 Rn. 17[↩]
- vgl. Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand, 1994, S. 481, 484; Roberts, DStR 2010, 1082, 1083 f.[↩]
- BGBl. I 2002, S.2010[↩]
- dazu KK-WpHG/Roth, 2. Aufl., § 37e Rn. 31[↩]
- BT-Drs. 14/8017, S. 96[↩]
- Roth aaO[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 09.03.2010 – XI ZR 93/09, BGHZ 184, 365 Rn. 26; vom 13.07.2010 – XI ZR 28/09, WM 2010, 1590 Rn. 39; und vom 12.10.2010 – XI ZR 394/08, WM 2010, 2214 Rn. 40[↩]